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Das Thema Krieg

Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 wurden viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Deutschland von Angst, Wut und Unsicherheit erfasst. Die täglichen Nachrichten und Bilder aus den Medien machen es schwer, die Lage richtig einzuordnen.

Eigene Gefühle erkennen und einordnen

Bevor Eltern mit ihren Kindern über den Krieg sprechen, ist es wichtig, dass sie sich über ihre eigenen Gefühle im Klaren sind. Auch Erwachsene sind verunsichert und haben Sorgen – zum Beispiel Angst vor einem Krieg in Deutschland, Sorgen um Geld oder Wut über das, was in der Ukraine passiert. Eltern sollten sich fragen, was genau hinter ihren Gefühlen steckt. Es ist wichtig, diese Gefühle wahrzunehmen, ohne sich von ihnen überwältigen zu lassen. Kinder – besonders jüngere – orientieren sich stark an der emotionalen Haltung ihrer Eltern. Deshalb ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, was man selbst fühlt und wie man mit den Kindern darüber spricht.

Es ist in Ordnung, den Kindern gegenüber zuzugeben, dass man nicht auf alle Fragen eine Antwort hat. Gleichzeitig sollte man aber Trost und Sicherheit vermitteln. Eltern dürfen sagen, dass sie selbst auch verunsichert sind, aber für ihre Kinder da sind.

Gespräche mit Kindern führen

Eltern sollten offen für Gespräche sein, wenn Kinder von sich aus Fragen stellen oder sichtbar unruhig sind. Wenn ein Kind sich zurückzieht oder unruhig wirkt, kann man behutsam nachfragen: „Was beschäftigt dich gerade?“ Gerade ältere Kinder hören vieles über den Krieg – in der Schule, von Freunden oder in den Medien. Es ist wichtig, ihnen Raum zu geben, darüber zu sprechen, Fragen zu stellen und Unsicherheiten zu äußern.

Eltern sollten herausfinden, was das Kind bereits weiß, und dabei helfen, das Gehörte einzuordnen. Jüngere Kinder können Bilder und Berichte oft nicht richtig verstehen. Zum Beispiel denken manche Kinder, dass ein Panzer im Fernsehen direkt in ihrer Nähe ist. In solchen Fällen hilft es, die Situation zu erklären und einzuordnen.

Es ist nicht schlimm, wenn Eltern nicht alles wissen. Wichtig ist, zuzuhören und dem Kind das Gefühl zu geben, ernst genommen zu werden. Eltern können sagen: „Ich weiß auch nicht alles, aber ich bin für dich da.“

Auf Fragen kindgerecht eingehen

Wenn Kinder nach dem Krieg fragen, kann man den Vergleich zu alltäglichen Konflikten ziehen. Kinder kennen Streit aus der Schule oder dem Kindergarten. Man kann erklären, dass ein Krieg ein sehr großer Streit zwischen Ländern ist, bei dem es oft um Macht oder Besitz geht.

Kindgerechte Informationen findet man zum Beispiel bei der „Sendung mit der Maus“ oder in den „logo!“-Kindernachrichten. Gespräche mit Kindern sollten ehrlich, aber altersgerecht geführt werden. Es ist auch in Ordnung, wenn Kinder dieselbe Frage öfter stellen – sie wollen sichergehen, dass alles verstanden wurde.

Wenn man selbst etwas nicht weiß, kann man gemeinsam mit dem Kind nach Antworten suchen. Es ist nicht nötig, jede Frage sofort beantworten zu können. Eltern können sagen: „Auch ich bin besorgt und kann nicht alles beantworten. Aber wir können gemeinsam versuchen, das besser zu verstehen. Ich bin für dich da.“

Hilfreich ist es auch, die Bemühungen um Frieden zu betonen. Eltern können zum Beispiel sagen: „In vielen Ländern wird gerade beraten, wie man den Krieg schnell beenden kann. Es gibt Hoffnung, dass den Menschen geholfen wird.“

Gespräche sollten zu einer passenden Zeit stattfinden – zum Beispiel nicht kurz vor dem Schlafengehen. Manche Kinder möchten nicht über den Krieg reden, sondern lieber malen oder spielen. Auch das ist in Ordnung. Der Krieg muss nicht das ganze Familienleben bestimmen, aber Eltern sollten das Kind bei seinen Gefühlen begleiten.

Altersgerechte Reaktionen verstehen

Ältere Jugendliche verstehen oft schon politische und wirtschaftliche Hintergründe. Sie möchten vielleicht mit ihren Eltern darüber diskutieren. Jüngere Kinder müssen das nicht verstehen. Für sie ist wichtig, dass sie sich jetzt sicher fühlen.

Auch die Art der Gefühle kann je nach Alter verschieden sein. Eltern sollten offen bleiben für Gespräche und dem Kind einen passenden Rahmen anbieten.

Gespräche unter Kindern begleiten

In Familien mit Kindern unterschiedlichen Alters wird unterschiedlich über Krieg gesprochen. Eltern sollten ältere Kinder bitten, Rücksicht auf die Jüngeren zu nehmen, die noch nicht alles verstehen. Grundsätzlich sollte das Thema Krieg nicht nur unter Kindern besprochen werden, sondern gemeinsam in der Familie.

Es kann hilfreich sein, feste Zeiten für Gespräche über das Thema einzuführen, damit es nicht den ganzen Tag beherrscht. Eltern sollten auch nachfragen, was Kinder von anderen gehört haben. Nicht alles, was Kinder erzählen, ist richtig – hier ist Aufklärung wichtig. Kinder sollten wissen, dass sie sich mit Fragen und Sorgen immer an die Eltern oder Lehrkräfte wenden können.

Alltag und Rituale beibehalten

Krisen wie der Krieg oder die Corona-Zeit stören den Alltag. Doch gerade für Kinder sind vertraute Abläufe wichtig. Rituale wie gemeinsame Mahlzeiten, Vorlesen oder das Ins-Bett-Bringen geben Halt und Sicherheit.

Auch wenn es sich für manche Eltern oder Jugendliche seltsam anfühlt, schöne Dinge zu erleben, während anderen Menschen Leid geschieht – es ist für Kinder wichtig, dass auch Freude und Leichtigkeit im Alltag Platz haben.

Bewegung als Stimmungshelfer

Bewegung, besonders draußen an der frischen Luft, hilft, die Stimmung zu verbessern. Eltern und Kinder sollten sich regelmäßig bewegen – ein Spaziergang reicht oft schon aus. Es muss kein Sport sein.

Gegen Hilflosigkeit aktiv werden

Ein Krieg kann das Gefühl auslösen, nichts tun zu können. Eltern können mit ihren Kindern überlegen, wie man trotzdem etwas bewirken kann – zum Beispiel durch Spenden oder Hilfe für Geflüchtete.

Nähe und emotionale Unterstützung

Das gemeinsame Sprechen über Sorgen kann die Familie enger zusammenbringen. Es hilft Kindern, zu wissen, dass andere ähnliche Gedanken haben. Manche Familien führen regelmäßig einen kurzen „Gefühls-Check-In“ ein – zum Beispiel vor dem Schlafengehen. Bei kleinen Kindern kann man einfache Fragen stellen oder Smileys verwenden, um Gefühle auszudrücken.

Achtsamkeit und Atemübungen

Gefühle wie Angst, Wut oder Traurigkeit sind normal. Wenn ein Kind sich von seinen Gefühlen überwältigt fühlt, kann es helfen, sich auf etwas im Moment zu konzentrieren – z. B. den Atem, die Füße auf dem Boden oder ein Bild.

Eine einfache Atemübung:

Diese Übung kann Kindern und Jugendlichen helfen, zur Ruhe zu kommen.

Medien bewusst nutzen

Eltern sollten darauf achten, dass vor allem jüngere Kinder keine belastenden Kriegsbilder sehen. Die Medien berichten sehr viel über den Krieg, was überfordern kann. Eltern sollten mit älteren Kindern über das Gesehene sprechen und erklären, dass zu viele Informationen manchmal Angst machen.

Offline-Zeiten sind wichtig, ebenso wie der bewusste Umgang mit Medien. Eltern können sich dabei auch auf Gespräche in der Schule beziehen.

Gereiztheit erkennen und einordnen

Angesichts der belastenden Lage kann es zu mehr Gereiztheit, Wut oder Streit kommen – zu Hause oder in der Schule. Das ist nach zwei Jahren Pandemie verständlich. Besonders wenn Kinder aus der Ukraine oder Russland aufeinandertreffen, kann es zu Spannungen kommen.

Eltern sollten erklären, dass russische Mitmenschen nicht für den Krieg verantwortlich sind. Auch sie wünschen sich Frieden. Wenn Kinder andere ärgern oder provozieren, sollte man nach den Gründen fragen und erklären, dass der Krieg in einem anderen Land kein Anlass für Streit hier ist.

Vorurteile und Diskriminierung vermeiden

Kinder und Erwachsene aus Russland oder der Ukraine dürfen nicht pauschal für den Krieg verantwortlich gemacht werden. Eltern sollten darauf achten, wie sie sprechen: Statt von „den Russen“ oder „den Ukrainern“ zu reden, sollten sie von „Menschen aus der Ukraine“ oder „Menschen auf der Flucht“ sprechen. So lässt sich Diskriminierung vorbeugen.

Geflüchtete Kinder integrieren

Wenn geflüchtete ukrainische Kinder neu in die Schule kommen, kann das Unsicherheit, aber auch Interesse auslösen. Eltern sollten ihre Kinder ermutigen, Kontakt aufzunehmen – z. B. durch ein gemeinsames Spiel oder ein einfaches Gespräch.

Auch wenn Sprachbarrieren bestehen, kann man sich mit Bildern oder Gesten verständigen. Es geht nicht darum, direkt über das Thema Flucht zu sprechen, sondern darum, dem neuen Kind den Einstieg zu erleichtern. Wenn ein Kind oder Elternteil Russisch oder Ukrainisch spricht, kann es helfen, zu übersetzen.

Auch Eltern brauchen Unterstützung

Eltern sind die wichtigsten Bezugspersonen für ihre Kinder. Damit sie gut für ihre Kinder da sein können, müssen sie auch auf sich selbst achten. Sorgen wirken oft größer, als sie sind – deshalb ist es wichtig, sich nicht von negativen Gedanken überwältigen zu lassen.

Wie Eltern Resilienz stärken können:

Alltagsritual: Drei schöne Dinge am Tag

Eltern und Kinder können sich jeden Abend drei Dinge nennen, für die sie dankbar sind. Das hilft, den Fokus auf positive Erlebnisse zu lenken.

Medienkonsum der Eltern

Auch Eltern sollten Nachrichten nur zu bestimmten Zeiten schauen – und nicht im Beisein kleiner Kinder. Zu viele Informationen können hilflos machen.

Zeit für sich selbst nehmen

Eltern dürfen sich Pausen gönnen. Wenn sie merken, dass sie selbst erschöpft sind, können sie sich Hilfe holen – z. B. von der Familie, von Freunden oder von der Schule. Es ist in Ordnung, dass es einem selbst gut geht – das hilft auch den Kindern.

Wo gibt es Hilfe?


Quelle: Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) Berlin